Von der mittelalterlichen Bebauung ist kaum etwas erhalten geblieben, die (stark veränderte) Johanniskirche und der Rote Turm sind die einzigen Konstanten. Das Johannistor und das Hospital St. Georg – die beiden anderen prominenten Bauten dieser Vorstadt – sind schon im 19. Jh. abgerissen worden.
Als Kartengrundlage dient
eine Rekonstruktion von Horst Richter; sie zeigt Chemnitz
zwischen 1470 und 1630.
© Stadtarchiv Chemnitz: P 01 Planarchiv
Altbestand, Sign. 1_0184
Die leichte Erhebung um die Johanniskirche (siehe Abb. C) war wohl einer der vorstädtischen Siedlungskerne im 12. Jh.. Durch die Gründung der Stadt in der trockengelegten Talaue wurde dieser dann ab dem 13. Jh. zu einer der vier Vorstädte, die sich vor den Toren entwickelten.
Außerhalb der Mauern wohnte man gefährlicher und weniger prestigeträchtig, aber da die Chemnitzer Stadtbevölkerung bis zum 18. Jh. kontinuierlich anwuchs, reichte der Platz innerhalb bald nicht mehr aus. Nicht selten hatten Bürger, die in der Stadt wohnten, auf ihren vorstädtischen Grundstücken Häuser gebaut und vermieteten sie; außerdem ließ sich manches Gewerbe besser außerhalb betreiben. Auch einige öffentliche Einrichtungen wurden aus der Stadt ausgelagert; vor dem Johannistor (sieh Abb. A) lagen z.B. das Hospital St. Georg (siehe Abb. B) und der städtische Friedhof (siehe Abb. C).
A: Das Johannistor, um 1820
B: Das Hospital St. Georg, 1841 (G. Wieck)
C: Die Johanniskirche, 1841 (G. Wieck)
Standorte des Betrachters
Die Lage der Mikwe in einer Vorstadt ist zwar ungewöhnlich, aber wir können daraus keine Schlüsse ziehen, solange nicht genauer datiert werden kann und die Nutzung und der Besitzer des über ihr liegenden Gebäudes völlig unklar sind.
Die Johannisvorstadt war jedenfalls kein Arme-Leute-Quartier, wie eine Urkunde aus dem Jahr 1412 belegt. Bis dahin waren in der städtischen Hauptkirche St. Jacobi schon fünf Altäre von einzelnen Adligen oder reichen Bürgern gestiftet worden, doch nun entschlossen sich die Vorstädter zu einer kollektiven Stiftung. Von den rund 50 Haushalten in der Johannisvorstadt konnten sich 30 eine Beteiligung leisten. Die Beiträge waren allerdings sehr unterschiedlich: 12 Personen entrichteten das Minimum von 6 Groschen, während die 8 größten Spenden (darunter zwei von Frauen) zwischen 18 und 45 Groschen lagen und damit mehr als die Hälfte der Stiftungssumme ausmachten. Aus den anderen Vorstädten kamen nur 12 weitere Stifter hinzu; dies zeigt deutlich den Vorrang der Johannisvorstadt nach Zahl der Haushalte wie bei der Finanzkraft.